Zeitzeugen Püsser Krug Schwerin

Zeitzeugin, geb. 1949, in der Gartenstadt aufgewachsen

Unsere Einkaufsquelle war der Püsser Krug. Der Püsser Krug war ein markantes Gebäude mit einem großen Tor. Zu meiner Zeit lagen dort an der Fassade die Balken frei, also eine Fachwerkkonstruktion. Und davor stand bis zuletzt ein großer Kastanienbaum. Und dort lag auch ein großer Stein mit einem eisernen Ring, um die Pferde anzubinden. Der Konsum war das Zentrum der Gartenstadt. Zumal es da auch einen Fleischer und einen Kurzwarenladen gab. Und einen Gemüseladen extra außen. Und daneben in einem Barackenbau der Kindergarten. Der Leiter der Verkaufsstelle hieß Krummsee.

 

Hier gab es auch eine Bibliothek im vorderen Bereich, da habe ich die Ausleihe zeitweise gemacht. Die hinteren Räume wurden zur Mütterberatung genutzt, da musste ich so einmal im Monat mit meinen Kindern hin. Oben drin im Püsser Krug gab es eine Wohnung, möglicherweise sogar zwei. Da wohnten Schatkas. Aus meiner Kindheit erinnere ich mich, dass nachmittags um drei die Buttermilch kam. Und dann bin ich um drei immer Buttermilch holen gegangen. Ich bin also mit drei Jahren mit der Milchkanne los und habe 1 ¾ Liter Milch geholt. Nicht mehr, sonst wäre es übergeschwappt. Dafür musste man Marken abgeben.

Und ich erinnere mich noch an eine Sache: Meine Tochter war damals ganz klein, 2 Jahre alt. Das war also 1968. Und wir waren zum Einkaufen gegangen. Und die Kinder spielten dann draußen. Und da kamen immer diese großen Brauereipferde mit Fässern auf dem Wagen. Und da komme ich raus und da hängt meine Tochter an einem Huf von diesem riesigen Pferd und rief „Hoppe Reiter machen, hoppe Reiter machen“ – sie wollte also reiten. Ein Tritt von diesem Pferd und da hätte sonst was passieren können.

Der bekannte Maler Carl Hinrichs hat übrigens zum Püsser Krug folgendes erzählt: Sein Vater war Musiker und verdiente sich mit Wirtshausmusik etwas dazu. Im Püsser Krug war ein Saal, wo Tanzveranstaltungen waren und wo sein Vater auch immer mal gespielt hat. Und dieser Saal hatte hinten die Bühne und dahinter war noch ein kleiner Ausgang. Und diese Musiker spielten nicht für Geld, sondern für Essen, so viel wie sie wollten. Und der Carl wurde dann von seiner Mutter losgeschickt, da musste er von der Bornhövedstraße mit einem Korb bis zum Püsser Krug laufen, sich von hinten ranschleichen. Und sein Vater hat ihm dann das ganze gesammelte Essen nach hinten rausgereicht. Und dann ist Carl wieder zurückgelaufen. Das war aber in den Notzeiten der 20er Jahre.

 

Zeitzeugin, geb. 1927, in der Gartenstadt seit 1951

Den Püsser Krug kenne ich nicht mehr als Gaststätte, d.h der vordere Bereich mit dem Gastraum wurde nicht mehr als Gaststätte genutzt. Da gab es stattdessen links einen Gemüseladen und einen Milchladen und rechts der weitere Lebensmittelbereich mit Konserven usw. Das war ein richtiger Tante-Emma-Laden, da wurde noch alles per Hand abgewogen. Hinten am Püsser Krug gab es einen großen Saal, da gab es öfters Tanzveranstaltungen.

Ein Fischwagen kam auch gelegentlich zum Püsser Krug. Es gab auch anfangs da einen Fleischladen, der zog dann später gegenüber in den großen Block an der heutigen Ludwigsluster Chaussee, wo dann später auch die Gaststätte „Zur Gartenstadt“ war. Vom Püsserkrug aus links gesehen waren zwei Baracken, die als Kindergarten genutzt worden waren. Zuvor war darin eine Kegelbahn. Dahinter gab es einen großen Spielplatz. Meine Kinder sind auch in diesen Kindergarten gegangen. Der war sehr schön. Frau Beutling war da die Erzieherin, die lebt noch immer in der Gartenstadt. Die sprach auch immer nur plattdeutsch.

Zeitzeugin, geb. 1922, in der Gartenstadt seit 1948, die Schwiegereltern wohnten aber in der Gartenstadt seit 1934

Das Grundstück hier: 1934 sind die eingezogen. Da gab es den Schürmann vom Püsser Krug. Und mein Schwiegervater musste in den Verträgen unterschreiben, dass er hier keinen Ausschank machen durfte, keine Gaststätte haben durfte. Das ist vom Rat der Stadt unterschrieben worden. Mein Schwiegervater wollte das gar nicht, der war ja schon Rentner.

Mein Sohn ist 1949 geboren. Als er fünf Jahre alt war, sollte in den Kindergarten am Püsser Krug gehen. Das wollte er aber nicht. „Die sind alle so hässlich, die Frauen da“, hat er gesagt. Und wir wollten ihn nicht zwingen. Wir hatten hier immer einen Konsum. Der Konsum war der Treffpunkt der Gartenstädter. Wenn es da was gab, wurde das sofort rumerzählt. „Heute gibt`s Bananen.“

Wir bedanken uns bei Herr Dr. Wolfgang Leist für seinen Beitrag und das große Arrangement.